Gebäude
Ursprung und Sanierung.
Das Museumsgebäude von Alfred Messel wurde zwischen 1897 und 1906 errichtet und galt in dieser Zeit als eines der fortschrittlichsten in Europa. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Museum 1944 schwer beschädigt und in der Folgezeit zwar in den alten Formen, doch mit unzulänglichen Materialien wieder aufgebaut. Dies und die folgende mangelhafte Bauunterhaltung führten dazu, dass eine Generalsanierung unumgänglich wurde. Im Oktober 2007 wurde das Museum geschlossen, vollständig leergeräumt und im Juni 2009 begannen die Bauarbeiten. Sie umfassten von den Fundamenten bis zu den Dächern alle Bauteile des Museums, keine Wand blieb unberührt, alle Installationen mussten erneuert werden. Dabei wurde das Haus mit rund 18.000 qm technisch auf den Stand des 21. Jahrhunderts gebracht und die umfangreichen Sammlungen erhielten eine neue, zeitgemäße Präsentation.
Profil des Museums
Das spezifische Profil des Hessischen Landesmuseums Darmstadt ist seit über zweihundert Jahren unverändert. Es war nie ein Spezialmuseum, sondern stets ein Hort für viele Sammlungen aus den unterschiedlichsten Wissensgebieten. Wurde im 18. Jahrhundert damit noch eine vollständige Darstellung des damaligen Wissens angestrebt, so stand in den folgenden 150 Jahren der Gedanke eines Zentralmuseums im Vordergrund, das die Objekte und Kunstwerke, die im Großherzogtum und im Volksstaat Hessen von musealer Bedeutung waren, aufnahm. Während in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg die Frage nach einem besonderen Profil des Museums keine große Rolle spielte, ist Profilschärfung heute innerhalb der reichen Museumslandschaft im Rhein-Main-Gebiet sehr wohl von Relevanz. Der einzigartige Charakter des Landesmuseums besteht in der Vielzahl und Breite seiner Sammlungen bei gleichmäßig hoher Qualität der Bestände. Dies wird bei der Neupräsentation deutlich. Fast alle Sammlungen des Hauses, wenn auch manchmal nur mit wenigen Stücken, sind präsent und in den Rundgang eingebunden. Dabei ist jede Sammlung in einer spezifisch unterschiedlichen Weise präsentiert, so dass sich dem Besucher ein steter Wechsel von Erlebnisräumen darbietet, ganz so, wie es in der Intention Alfred Messels lag.
Erlebnisräume
Der Charakter der Erlebnisräume wird im Hauptgeschoss mit seinen Stilzimmern besonders deutlich. Rechts erstreckt sich die archäologische Raumfolge mit der Antikenrezeption, dem Säulenhof für das römische Bad Vilbeler Mosaik, dem römischen Gang mit der antiken Großskulptur und der Großen Halle, die als zukünftiger Ausstellungsraum klimatisiert ist.
Auf der linken Seite führt der Romanische Gang mit mittelalterlicher Kunst zur Kapelle mit der kirchlichen Schatzkammer und der daran anschließenden weltlichen Schatzkammer mit der Decke aus dem Palazzo Medici-
Pandolfini und dem originalen Zimmer aus dem Palazzo Pestalozzi in Chiavenna.
Seitlich schließt sich der sogenannte Waffensaal an mit den Beständen verschiedener Zeughäuser, darüber das bürgerliche Kunsthandwerk des Barock mit den berühmten Darmstädter Wämsern. Allen diesen Räumen ist gemeinsam, dass mit der Vermischung verschiedener Kunstgattungen: Kunsthandwerk, Glasmalerei, Malerei und Skulptur, der thematische Ansatzpunkt denn Raumeindruck bestimmt. Im Norden des großen Foyers folgt die gänzlich neu gestaltete Zoologische Abteilung mit einer monumentalen Biodiversitätswand, einer Skelettherde und den frisch sanierten historischen Dioramen. Darüber die Sammlung zur Erd- und Lebensgeschichte mit den Funden aus der Grube Messel, dann das Geschoss für die Moderne mit den sanierten Räumen des Block Beuys und der Sammlung Simon Spierer und schließlich die Graphische Sammlung mit einem neuen Studiensaal.
Seitlich führen vom Foyer zwei in die historische Architektur symmetrisch eingefügte moderne Treppen in das neue Tieffoyer.
Die bislang nicht oder nur ungenügend vorhandenen Funktionsräume werden von hier erschlossen: die Garderoben, Sanitäranlagen, ein neuer Vortragssaal, Studienräume für die Museumspädagogik sowie das Café mit eigenem Außenzugang und der Museumsshop, ebenfalls und zwar auch als barrierefreier Zugang zum Museum mit eigenem Außeneingang. Die drei offenen Höfe des Museums, der Rodensteiner Hof als Freibereich des Cafés, der erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg wieder öffentliche Gotische Hof und der überhaupt zum ersten Mal öffentlich gemachte Römische Hof mit einem Freilufttheater sind von hier aus zugänglich.
Im Sockelgeschoss finden sich die erstmals ausgestellten Sammlungen zur Ägyptischen, Griechischen und Japanischen Kunst mit vielen Exponaten aus dem ehemaligen Wella-Museum, die Vor- und Frühgeschichte sowie die international berühmte Sammlung zum internationalen Jugendstil, allesamt in gänzlich neuer Präsentation. Hier beginnt nun auch der Übergang zum 1984 erstellten und jetzt sanierten Erweiterungsbau von Reinhold Kargel, der die Gemäldegalerie des Museums enthält. Die einstmals berühmte Darmstädter Gemäldegalerie, die in den letzten Jahrzehnten stets nur in Ausschnitten und an verschiedenen Stellen im Museum ausgestellt war, erhält hier auf fast 2.000 qm Fläche und in kolorierten Räumen wieder den Rahmen, der ihrem Rang in der deutschen Museumslandschaft gebührt.
Aktivitäten während der Schließung
In den Jahren der Schließung sind die Bestände des Landesmuseums nicht nur in zahlreichen Ausstellungen mit über 1,5 Millionen Besuchern auf der ganzen Welt gezeigt worden, sondern es wurde auch fast jedes Ausstellungsstück für die Neuaufstellung gereinigt, restauriert, neu präpariert und die Bilder teilweise neu gerahmt. Alle Objekte wurden durch LED Strahler in ein neues Licht gesetzt. Viele Stiftungen, Dauerleihgaben und Ankäufe haben die Bestände des Museums glücklich vermehrt und zahlreiche Stücke, die zuvor in den Magazinen lagerten, können nun erstmals in der Ausstellung gezeigt werden.
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Anzahl der Mitarbeiter
83 Festangestellte
Ausstellungsbereiche
ca. 9.000 m² (Das sind mehr als zuvor: 1.525 m²)
Zusätzlich öffentliche Fläche
ca. 3.000 m²
(z.B. Museumsshop, Pädagogikräume, Bibliothek)
Ausstattungskosten
11,92 Millionen Euro (Das bedeutet pro m²: ca. 993 Euro)
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Der neue Architekturführer zum Hessischen Landesmuseum Darmstadt
Autor: Dr. Theo Jülich, geb. 1956, studierte in Aachen Kunstgeschichte.
Er arbeitete am Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg und ist seit 1989 am Hessischen
Landesmuseum, seit 2013 als Direktor des Hauses, tätig. Seine wissenschaftlichen Schwerpunkte sind
das Kunsthandwerk des frühen und hohen Mittelalters sowie die Architekturgeschichte des
Landesmuseums.
Hessisches Landesmuseum Darmstadt (Hrsg.)
Alfred Messel und sein Darmstädter Landesmuseum
Geschichte und Architektur
1. Auflage 2014, ca. 80 Seiten, ca. 100 Farbabbildungen, 21 x 25 cm,
Klappenbroschur, fadengeheftet
ISBN 978-3-7954-2897-6
€ 14,95 [D] / 20,90 SFr
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